Forschungsstelle für regionale Zeitgeschichte und Public History (frzph)

Die IZRG-Schriftenreihe

Die 1992 als Institut für schleswig-holsteinische Zeit- und Regionalgeschichte (IZRG) gegründete Forschungsstelle für regionale Zeitgeschichte und Public History (frzph) ist eine zentrale wissenschaftliche Einrichtung der Europa-Universität Flensburg mit Sitz in Schleswig. Sie arbeitet ohne Fachbereichsangehörigkeit in direkter Zuordnung zum Präsidium und ist im Prinzenpalais beheimatet. Dieser Standort, in unmittelbarer Nachbarschaft zum Landesarchiv, unterstreicht den Auftrag der regionalhistorischen Forschung. Aufgaben und Struktur der Forschungsstelle sind in der Satzung definiert und werden in Zielvereinbarungen stetig fortgeschrieben. Sie kooperiert mit Universitäten und Forschungseinrichtungen, wobei die Kooperation mit dänischen Einrichtungen immer wieder einen besonderen Stellenwert einnimmt. Die Vorhaben sind in aktuelle Forschungsdebatten eingebunden. Die Einrichtung wird wissenschaftlich beraten durch ausgewiesene Kolleginnen und Kollegen.

Das Profil der Forschungsstelle

Der Auftrag der frzph ist in der Satzung formuliert: „Die Forschungsstelle erforscht und vermittelt die regionale Zeitgeschichte Schleswig-Holsteins im überregionalen und internationalen Kontext. Eingebunden in ein ambitioniertes Lehramtsstudienangebot der Europa-Universität Flensburg integriert sie geschichtsdidaktische Perspektiven, Ansätze und Diskurse.“ Weiter heißt es: „Die Einrichtung betreibt historische und geschichtsdidaktische Forschung, Vermittlung und Öffentlichkeitsarbeit, leistet gutachterliche Tätigkeiten sowie Aus-, Fort- und Weiterbildung im Bildungswesen und reflektiert Geschichte in der Gesellschaft.“

Unser Alleinstellungsmerkmal ist die Integration regionaler zeithistorischer und geschichtsdidaktischer Forschung sowie der von uns gelebte anwendungsbezogene Wissenstransfer in die breite Öffentlichkeit als reflektierte Public History. Thematisch wird neben abschließenden Vorhaben zur NS-Zeit die Öffnung gegenüber der zeithistorischen Periode nach 1945 in gesellschafts- und kulturgeschichtlicher Perspektive weiter forciert, jedoch stets unter besonderer Berücksichtigung des regionalhistorischen Auftrags der Einrichtung. Trotz fachlich und regional klar definierter und markierter Arbeitsbereiche integriert die Forschungsstelle Potentiale interdisziplinärer und internationaler Kooperationen sowie europäischer Perspektiven. Der Begriff der ‚Region‘ rückt über die fachwissenschaftliche Gegenstandskennzeichnung hinaus auch theoretisch, fachdidaktisch und methodisch in den Fokus, bildet die gemeinsame Klammer, schafft eine reflektierte Integration der Tätigkeitsfelder.

Forschung, Vermittlung, Öffentlichkeitsarbeit werden als integratives Konzept begriffen und profiliert realisiert. 

Profilgebende, in der überwiegend auf Lehramtsausbildung orientierten Europa-Universität Flensburg verankerte Tätigkeitsfelder sind:

a) regionale zeithistorische Forschung in gemeinsamen Projekten und Einzelvorhaben

b) geschichtsdidaktische Forschung zum Historischen Lernen in Gesellschaft und Schule 

c) wissenschaftliche und populäre Vermittlung durch Publikationen und Veranstaltungen 

d) Schulungs- und Materialangebote für Multiplikatoren in Schule und Gesellschaft

Die theoriebasierte Klammer „Region“, das Leitmotiv der „Kultur- und Gesellschaftsgeschichte der Region“ und der Fokus auf das Verhältnis von „Gesellschaft und Geschichte“ konturieren das Forschungsprofil.

Forschung, Vermittlung, Öffentlichkeitsarbeit als integratives Konzept

Die Forschungsansätze entsprechen den üblichen an universitäre Forschung angelegten Standards: Wir kooperieren mit Universitäten und Forschungseinrichtungen innerhalb und außerhalb Deutschlands, wobei die Zusammenarbeit mit dänischen Einrichtungen einen besonderen Stellenwert einnimmt. Auch Forschungsvorhaben reichen inhaltlich über die Landesgrenzen hinaus, sind teilweise komparatistisch angelegt, werden in aktuelle Forschungsdebatten eingebunden. Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der frzph sind in der wissenschaftlichen Community vernetzt, sie nehmen am wissenschaftlichen Austausch außerhalb des Landes teil und sind auf internationalen Konferenzen präsent. 

Ohne das fachwissenschaftliche Profil und die Aufgaben preiszugeben, sondern um die spezifische Rolle und Ansiedlung der Forschungsstelle abzurunden und auszuweiten, werden geschichtsdidaktische Forschungsvorhaben als gleichrangig mit zeithistorischer Forschung erachtet. Sie nehmen stetig wachsenden Raum im Forschungsprogramm ein. Das resultiert nicht zuletzt aus den Schwerpunkten der Europa-Universität Flensburg. 

Insbesondere richtet sich das Interesse auf Formen außerschulischer Geschichtsvermittlung, denn Schule und Hochschule bilden für das Historische Lernen – indes besonders wichtige – Sonderorte. Diverse andere Ausformungen der uns umgebenden Geschichtskultur haben erheblichen Einfluss auf das Geschichtsbewusstsein; z.B. Museen, Gedenkstätten oder Archive, auch (Massen-)Medien, Alltagsgespräche und soziale Prägungen in Familie wie Gruppe. Derartige ungeregelte Prozesse Historischen Lernens begreifen wir als eine analytische, normative und pragmatische Herausforderung für die Geschichtsdidaktik. Wir beteiligen uns mit einschlägigen Forschungen und Realisierungen. 

Gegenüber Praxistests gibt es in der Forschungsstelle traditionell keine Berührungsängste: Jedenfalls sofern Vorhaben wissenschaftlich basiert und forschungsorientierte Evaluationen mit angelegt sind, versteht sich die Einrichtung auch als konkret handelnder Akteur in der Umsetzung historischer (Vermittlungs-)Vorhaben beispielsweise durch Ausstellungen, virtuelle Angebote und populäre Publikationen. Wir verstehen das als reflektierte Public History.

Traditionell begreift die Einrichtung seinen Vermittlungsauftrag als breitenwirksam: Einschlägige an eine begrenzte regionalhistorische Fachwelt gerichtete Publikationen haben wir seit langem ergänzt um Produkte für Multiplikatoren in Schule und Gesellschaft, sowie um eigene populäre, also an möglichst viele Menschen gerichtete Publikationen in alten wie neuen Massenmedien. Auch dabei bemühen wir uns um fachdidaktisch und theoretisch abgesicherte, also seriöse, aber zugleich marktorientierte Angebote. Gemeint sind Buchpublikationen, Zeitungsserien, Mitwirkung an Fernsehproduktionen, Ausstellungen, Vorträge, Veranstaltungen, Diskussionsleitungen, experimentelle Publikationen, ehrenamtliches einschlägiges Engagement, gemeinsame Mitwirkung am regionalhistorischen Jahrbuch ‚Demokratische Geschichte‘.

Das „Virtuelle Museum vimu.info“, 2008 entstanden und noch immer inhaltlich und methodisch innovativ, ist unter Beteiligung vieler ehemaligen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sowie zahlreicher Projekt-Mitwirkender entstanden und enthält auch (eigene) Forschungsergebnisse, die fachwissenschaftlich und fachdidaktisch abgesichert sind, zugleich aber mediengerecht, zielgruppendifferenziert und populär vermittelt werden. Spezielle fachdidaktische Aufbereitungen und Materialien für Lehrkräfte in Schulen werden auf der Homepage angeboten. In der letzten Stufe des Prozesses wurde die Nutzung des Virtuellen Museums im Rahmen eines Dissertationsprojektes evaluiert und wissenschaftlich analysiert: Alle vier profilgebenden Tätigkeitsfelder haben Beiträge zum Gesamtprodukt geleistet.

Einige Produkte der frzph wurzeln zugleich in mehreren Tätigkeitsfeldern. Sie können als durchaus charakteristische cross-over Produktionen gelten. Der Band „Schleswig-Holstein und der Nationalsozialismus“ (2005), der derzeit intensiv erweitert und Anfang 2020 neuaufgelegt werden soll, erhebt den Anspruch, zugleich Hand-, Lehr- und Lesebuch zu sein, also den wissenschaftlichen Forschungsstand widerzuspiegeln, als didaktisch und methodisch abgesichertes Lehrwerk genutzt werden zu können und zugleich attraktiv genug für die allgemein interessierte Leserschaft zu sein.

Beispielhaft wird das spezifische Profil auch deutlich mit der in der Einrichtung entwickelten Ausstellung am innovativen „Lernort Neulandhalle“ in Süderdithmarschen, die im Mai 2019 der Öffentlichkeit präsentiert werden soll. Anfang 2019 begann das vom Schleswig-Holsteinischen Landtag in Auftrag gegebene Nachfolgeprojekt der ersten Landtagsstudie zu Fragen der Kontinuitäten nach 1945, dessen Ergebnisse Ende 2020 vorgelegt werden.